Harry Potter, Human Resources und das Internet der Dinge (Teil 2)

Gesünder durch das Internet der Dinge

Jetzt nehmen wir als nächstes an, dass Ihnen an der Gesundheit Ihrer Mitarbeiter einiges liegt, aus den verschiedensten Motiven. Sie organisieren aufwendige Gesundheitstage, bieten Sportkurse u.ä. an. Vielleicht versuchen Sie Ihre Mitarbeiter durch die kostenlose Verteilung von Fitnessarmbändern zu mehr Bewegung zu animieren. (Frage ans Publikum) An dieser Stelle sind wir noch im sicheren Bereich.

Aber Sensoren entwickeln sich weiter und können in Zukunft auch riechen, besser als jeder Hund. Und so wie ein Hund heute schon riechen kann ob ein Diabetiker unterzuckert ist, so wird dies in Zukunft die Kleidung machen. Oder wer hätte nicht gerne einen Kühlschrank in der Firma der Ihnen meldet ob Nahrung nicht mehr genießbar ist und vielleicht sogar wer die verschimmelten Brote vergessen hat. Und wie sieht es aus, wenn einige Arbeiten in Ihrer Firma nicht sicher sind. Sollte man nicht über intelligente Dienstkleidung kontrollieren können wie es dem Koch in der Kantine geht? Oder einem Außendienstmitarbeiter der gerade im Wagen unterwegs ist? Einem Busfahrer, der dutzende Kinder transportiert? Einem Piloten?

Selbst wenn Sie diese Kontrollen nicht vornehmen wollen? Was würde passieren wenn Ihnen eine Versicherung einen günstigeren Tarif anbietet? Wenn die Brandschutzversicherung sich halbiert sofern die Feuermelder erfassen welcher Mitarbeiter sich gerade wo befindet, so dass ein Gebäude im Brandfall schneller evakuiert ist? Versicherer dürften in den kommenden Jahren zu den Haupttreibern des Internet der Dinge werden, da sie mit den dabei anfallenden Daten ihre eigenen Risiken minimieren und damit die Tarife optimieren können.

Bisher gibt es keine Hochrechnungen zum Einsparpotential in diesem Bereich aber als Personaler dürften Sie sich bereits jetzt schon darauf vorbereiten, dass bei Verhandlungen zum Thema Erfassung personalrelevanter Daten in Zukunft nicht nur HR, IT, Recht und der BR sondern auch die Finanzabteilung mit am Tisch sitzen werden. Aber auch ohne den Einfluss der Versicherungen dürfte der Druck der Finanzabteilung steigen. Denn the Edge verbraucht 70% weniger Elektrizität und 30% weniger Energie im Allgemeinen. Die Raumbelegung konnte um 20% verbessert und die Reinigungskosten gleichzeitig um 10% gesenkt werden, da das System auch erfasst, ob in einem Meeting Raum 2 oder 20 Leute sitzen und ob diese nur einen Kaffee oder ein ganzes Buffet zu sich nehmen.

Warum HR sich mit dem Internet der Dinge befassen sollte

An dieser Stelle sind wir an einem Punkt angelangt, den sich auch J.K. Rowling nicht mehr vorstellen konnte und Human Resources muss sich die Frage stellen wie weit die Datenerfassung gehen kann und soll. Dabei geht es nicht nur darum, ob die Erfassung all dieser Daten sinnvoll ist sondern auch darum, was sie aussagen und ob es Kapazitäten gibt um dies auszuwerten. HR muss sich auch fragen, ob die Daten dazu führen ein Unternehmen besser führen zu können oder nur die Illusion einer Kontrolle geben und ob nicht das Gegenteil der Fall ist, Mitarbeiter also sich kontrolliert fühlt, vom Betriebsrat ganz zu schweigen. Die Erfassung möglichst vieler Daten ist seit der Erfindung des Taylorismus ein beherrschendes Element unserer Wichtigkeit. Sogar die Zeitschrift Wired, sonst die Hauspostille des Silicon Valley, warnt vor einer „simplification through quantification“ und spottet „a fetish for numbers is the defining trait of managers“.

HR muss sich weiterhin damit auseinander setzen, inwieweit Daten erfasst werden sollen, die über das Internet auch anderen zugänglich sind. Anders formuliert: sind Sie bereit die Daten Ihrer Mitarbeiter mit anderen Firmen zu teilen? An dieser Stelle kommt Ihnen ein unerwarteter Verbündeter zu Hilfe: das Bundesdatenschutz Gesetz. Das BDSG beruht auf drei Hauptprinzipien: Einwilligung, Zweckbindung und Transparenz. Das klingt zunächst zu der absoluten Antithese zum IoT. IoT Objekte sollen Daten ja gerade unsichtbar erfassen und das in einer Menge, dass eine Personalisierung nicht nur möglich ist, sonder eher fast unmöglich zu verhindern ist.

Wir sollten das BDSG aber nicht als zusätzliche Arbeit, sondern als das unbedingt notwendige Korrektiv des IoT zu sehen. Denn mit dem IoT laufen wir Gefahr so viele Daten zu erfassen wie möglich. Und das ohne uns zu fragen, was denn sinnvoll ist. Und genau diese Frage stellt das BDSG: zu welchem Zweck erfasse ich Daten. Muss ich diese Daten erfassen. Weiß der Mitarbeiter, z.B. aufgrund seines Arbeitsvertrages, darüber Bescheid welche Daten über ihn bzw. sie erfasst werden? Sind die Daten sinnvoll und ökonomisch. Fühlen sich die Mitarbeiter nur bespitzelt oder machen wir deren Arbeit einfacher. Das Internet der Dinge ist auch ein Internet der Dinge, die wir nicht brauchen. Seien wir von Seiten HR auch so etwas wie der gesunde Menschenverstand bei der Entscheidung wie unsere Arbeitsplätze aussehen sollen.

Das Internet der Dinge ist, so habe ich hoffentlich gezeigt, also nicht nur ein Thema für Techniker, es ist auch ein Thema für HR. So wie alle Information über Menschen letztlich ein Thema für HR ist. Der Computer, daran sollten wir uns erinnern, wurde nicht erfunden um komplizierte Berechnungen zur Mondlandung durchzuführen.

Der Computer bzw. sein Vorgänger die Lochkarte wurden erfunden, weil die amerikanische Regierung zu lange gebraucht hat, um die Daten der Volkszählung von 1890 auszuwerten und damit vielleicht heute noch nicht fertig wäre, wenn ihr nicht der deutschstämmige Ingenieur Hermann Hollerith mit seiner Lochkarte geholfen hätte. Der dann seine Erfindung auswertete um die Vorläuferfirma von IBM zu gründen. Die Technik ist ein Ermöglicher aber Daten sind der Ursprung und Treiber der Digitalisierung und wir sollten uns in HR überlegen, ob wir es uns leisten können hier nur Zuschauer zu sein.

Ich möchte aber meinen Vortrag wieder mit dem beenden, mit dem ich angefangen habe, mit Harry Potter. Die Marauders Map hätte sehr viel Schaden anrichten können. Tat sie aber nicht, da sie immer von Personen genutzt wurde, die dies mit Verantwortung taten. Und damit sie nicht an die falschen geriet, wurde die Karte immer mit den Worten geschlossen mit denen ich auch diesen Vortrag schliessen möchte: Mischief managed. Vielen Dank.

(Vortrag beim Regional Treffen des Bundesverband Personalmanager, BPM, im Februar 2017)