Das Maker Prinzip und die Zukunft der Personalentwicklung (Teil 2)

Vielfalt, Individualisierung und Prosument sind auch für die Personalentwicklung (PE) keine unbekannten Konzepte. Die Forderung, dass PE Maßnahmen gezielt und nicht nach dem Gießkannenprinzip eingesetzt werden sollen, ist nicht neu, ebenso wenig wie die Idee Mitarbeiter als Trainer einzusetzen und so ihre Kompetenz weiterzugeben.  Neu ist allerdings, dass diese drei Prinzipien jetzt in das Zentrum der Firmenphilosophie rücken. Welche Auswirkungen dies auf die PE haben wird, soll im Folgenden untersucht werden, beginnend mit der Vielfalt.

 

Vielfalt

Die Vielfalt der Lernmedien sind in den letzten Jahren exponentiell gestiegen, darin der Leistung der Computer nicht unähnlich. Studenten können in Massive Open Online Courses (MOOCs) Vorlesungen besuchen, die bislang nur Studenten in Stanford oder Harvard zur Verfügung standen. Augmented Reality erlaubt den Teilnehmern eine Situation so zu erleben, als ob sie sich selber in dem entsprechenden Raum befinden. Serious Gaming bereitet Situationen aus dem Berufsalltag als Computerspiel auf. Ubiquitious und Mobile Learning geben einem die Möglichkeit auf dem Smartphone auch an der Bushaltestelle zu lernen. Und all dies mit Erfolg. Deutschlands größter Anbieter für MOOCs, Iversity, zählt inzwischen 600.000 Studenten. Bei Sofatutor können Schüler zwischen 13.200 Lernvideos und 300 Kursen auswählen, die von Lehrern erstellt auf die Lernpläne aller Bundesländer zugeschnitten sind. Der Gründer der Khan Academy, wird bei seinen Auftritten wie ein Popstar gefeiert.

Der Erfolg dieser Lernformen ist nicht zuletzt deswegen möglich, weil dieser Ansatz von vielen bereits im Privatleben praktiziert wird. Wer mehr zu einer Krankheit wissen will, geht oft erst zu „Dr. Google“ und dann zum Hausarzt. Wen es interessiert, wie etwas zusammengebaut oder repariert wird, findet ein Video bei Youtube. Sogenannte Tutorials gehören dort zu den erfolgreichsten Formaten. Wer Fragen zu juristischen Problemen hat oder einfach nur ein Kochrezept sucht, findet für alles eine Plattform.

Noch niemals zuvor standen der PE so viele verschiedene Lernformen zur Verfügung. Noch niemals war es so einfach für jeden Lerntyp die richtige Weiterbildung zu finden. Eine der Kernaufgaben der PE wird es in den kommenden Jahren diese Bandbreite aller Lernformen konsequent auszunutzen und ihren Kunden einen Überblick über die Gesamtauswahl zu vermitteln, der für Nicht-Personalentwickler immer schwieriger zu bekommen ist.

 

Individualisierung

Diese erweiterte Auswahl an Möglichkeiten führt zwangsläufig dazu, dass die PE noch stärker als bisher zum Weiterbildungsberater wird, welcher den Kunden Wege zur Selbstentwicklung aufzeigt. Eine Möglichkeit kann dabei sein, die von F. Vester eingeführten Tests zur Ermittlung von Lerntypen weiterzuentwickeln und so den Lernenden zu helfen ihren eigenen Lerntyp zu ermitteln. Auf diese Weise könnten Lernende feststellen, ob sie besser anhand von Seminaren, Büchern, Podcasts, Videos oder Serious Games lernen, weil sie dem visuellen, auditiven, haptischen oder verbalem Lerntyp entsprechen. Lernende sollten auch feststellen können, ob sie besser in einer Gruppe, mit einem Trainer oder selbstbestimmt lernen können.

Die Erkenntnisse aus Big Data Auswertungen dürften in den kommenden dazu führen, dass Persönlichkeitstests auch im Bereich Lernen deutlich besser werden. Die PE muss aber nicht nur dem Lernenden helfen den eigenen Typ herauszufinden, sondern auch die richtige Form für jedes Thema ermitteln: ist ein webbasiertes Training oder ein Seminar besser geeignet um Computerkenntnisse zu vermitteln? Wie sieht es bei Sprachkenntnissen oder bei Verhandlungstechniken aus? Wo hilft ein Video? Wo ein Podcast oder Hörbuch? Bei welchen Themen sollte ich welche Medien wie kombinieren? Noch gibt es zu wenige Studien über den Erfolg (oder Misserfolg) des Computerbasierten Lernens bzw. der einzelnen Lernformen überhaupt. Aufgabe des Personalentwicklers sollte es auch sein über die zukünftigen Forschungsergebnisse in diesem Bereich informiert zu sein.

 

Prosument

Personalentwickler müssen aber nicht nur Berater sondern auch immer mehr Netzwerker werden. Mitarbeiter sind nicht nur Konsumenten sondern auch Produzenten. Sie lernen und geben das Erlernte weiter. Der erste Ansprechpartner bei Fragen und Problemen ist für die Mitarbeiter in der Regel ein Kollege aus dem gleichen Team. In der Vergangenheit war es ein Problem diese Kenntnisse allgemeiner zu nutzen. Durch Wikis und andere Plattformen wird es immer einfacher dieses Wissens auch übergreifend mit Kollegen zu teilen. Auf diesen Plattformen ist es möglich Videos und Präsentationen, eigene, wie die von Kunden und Lieferanten, hochzuladen. Es können Diskussionen zu Problemen geführt und FAQs erstellt werden. Es können Links zu externen Quellen verschickt und Lerngruppen organisiert werden auf denen Trainer Informationen vor, während oder nach Seminaren hinterlegen sowie Fragen stellen und beantworten können.

Immer mehr dürfte sich wie im Makerspace die traditionelle Rollenaufteilung von Lernendem und Lehrenden verwischen. Lebenslanges Lernen bedeutet, das sei erneut betont, dass auch Lehrende primär Lernende mit einem Wissensvorsprung sind. Die Forderung an die Personalentwicklung lautet, dieses Lernen zu ermöglichen, Räume und Gelegenheiten zum Austausch zu schaffen und Lernenden zu zeigen, wie sie selber Lehrende werden können – und damit Geburtshelfer einer wahrhaft lernenden Organisation werden.

Die Firma Arrow hat vor kurzem unseren Internetauftritt neu konzipiert. Kunden können dort nicht nur einen Warenkorb mit elektronischen Bauelementen zusammenstellen sondern ganze Projekte konzipieren und mit anderen Kunden sowie unseren Ingenieuren teilen kann. Eine weitere, bislang nur in den USA vorhandene Funktion ist es über Skype ein direktes Videotelefonat mit einem unserer Experten zu führen. Sie können also selber entscheiden, welches Wissen Sie für sich selber behalten und welches sie mit anderen teilen wollen.

Dieses Teilen und Offenlegen von Information wird immer wichtiger und es ist neben dem Lernen ein fundamentaler Grundsatz der Makers. Der Mitgründer von Sun Microsystems, Billy Joy, sagte einmal „The smartest people are not working for you“, womit er meinte, dass keine Organisation alle Experten zu einem Thema beschäftigt. Der amerikanische Wirtschaftsautor, Peter Diamandis  ging noch weiter, als er schrieb: „If you are relying on innovation solely from within the company, you are dead.“ Insofern war es nur konsequent, dass Tesla alle seine Patente im Internet veröffentlicht und andere ermutigt, das gleich zu tun. General Electric hat einen Großteil seiner Patente ebenfalls auf der Seite Quirky veröffentlicht, wo üblicherweise Start Ups ihre Ideen auf der Suche nach einem Investor publizieren.

Diese Offenheit könnte man als das vierte Prinzip der Makers bezeichnen und hier betreten wir eine Terra Incognita. Denn so enthusiastisch viele Unternehmen bei den ersten drei Prinzipien sind, so skeptisch sind sie beim vierten Prinzip. Bei MyMuesli jedenfalls gibt es zurzeit noch keine Seite auf der mein das eigene Lieblingsmüsli mit anderen teilen kann.  Ob sich dieses daher durchsetzt, kann ich Ihnen vielleicht beim Personalmanagementkongress 2026 erzählen.

(Vortrag beim BMP Kongress in Berlin 2016)

Das Maker Prinzip und die Zukunft der Personalentwicklung (Teil 1)

Das Prinzip

Um die wichtigsten Grundprinzipien der Industrie 4.0 zu verstehen, muss man heute nicht mehr in eine Fabrik fahren, es reicht der Weg zum Frühstückstisch. Bei MyMuesli können Verbraucher seit 2007 aus insgesamt 80 verschiedenen Zutaten ihr persönliches Lieblingsmüsli in 566 Billiarden Variationen am Computer zusammenstellen und an die eigene Anschrift zuschicken lassen. Eine scheinbar einfache Idee mit großem Erfolg. Die Facebookseite von MyMuesli hat 150.000 Follower. (d.h. jeder Mensch könnte jeden Tag über 22.000 Jahre ein anderes Müsli essen)

Wie in einem Mikrokosmos spiegeln sich hier drei der wichtigsten Prinzipien der vierten industriellen Revolution: Vielfalt, Individualisierung und die Wandlungen vom Konsumenten zum Prosumenten, d.h. einem Konsumenten an der Erstellung des gewünschten Produktes mitwirkt. MyMuesli ist längst kein Einzelfall mehr und auch kein Nischenprodukt. Der Erfolg von Fotobüchern, bedruckten T-Shirts und andere Objekte, die am Computer individuell zusammengestellt werden, beruht auf dem gleichen Prinzip.

Die Makers

Noch  deutlich weiter gehen die Makers, die man als eine Graswurzelbewegung der vierten industriellen Revolution bezeichnen kann, d.h. Bastler, die das Prinzip des Selbermachens, des Do It Yourself mit Hilfe des Internet und von 3D Druckern noch viel weiter treiben. Als Ursprung der Maker Bewegung gilt heute meist ein Seminar, dass Neil Gershenfeld 1998 unter dem Titel „How to Make (Almost) Anything, based on the Use of professional production machines“ am amerikanischen MIT anbot. Eigentlich war der Kurs nur für zehn Studenten gedacht, war aber dann völlig überfüllt mit Künstlern und Architekten. Gershenfeld war von der Nachfrage völlig überrascht, merkte aber, dass er auf ein weit verbreitetes Bedürfnis gestoßen war, Dinge selber zu produzieren und dies individuell. Dinge, die es nirgendwo zu kaufen gab und schon gar nicht in den großen Supermärkten.

Ermutigt von dem Erfolg gründete Gershenfeld 2002 am MIT das erste FabLab, Kurzform für Fabrication Lab. Noch im selben Jahr entstanden nicht nur in den USA sondern auch in den anderen Ländern wie Indien ebenso wie in Europa die ersten Ableger. 2004 gab es bereits das erste Fab Lab in Afrika. Seit der Gründung hat sich die Zahl der FabLabs fast jedes Jahr verdoppelt.  Heute gibt es etwa 600 anerkannte FabLabs, die meisten davon übrigens nicht in den USA, sondern in Europa.

Fab Labs

Kernstück jedes FabLabs sind immer die 3D Drucker. Makers und 3D Drucker sind ohne einander nicht denkbar. Bezeichnenderweise heisst der meistverkaufte Drucker entsprechend MakerBot und wird von der gleichen Firma betrieben, die auch für die Seite Thingiverse zuständig ist, wo man sich kostenlos Modelle für den 3D Drucker runterladen kann  In der Regel kommen zur Ausstattung des FabLab noch Laser Cutter, CNC Fräsen, Microcontroller und CAD Software dazu, alle Arten von elektronischen Bauelementen sowie zahlreiche weitere Utensilien, die man auch im Hobbykeller finden würde.

Ein FabLab unterscheidet sich darin kaum von einem normalen Experimentierraum in einer Ingenieursfakultät an einer Universität. Mit einem wichtigen Unterschied: ein FabLab steht jedem offen. Jeder Mensch kann mit seinen Fragen und Problemen aber auch für Diskussionen in ein FabLab kommen und sich dort mit dem Personal austauschen. Die Benutzung ist kostenlos, man bezahlt dort nur das verbrauchte Material. Offenheit und das gemeinsame Lernen gehören zu den Grundprinzipien aller FabLabs und sind in der Gründungsakte festgelegt, die alle FabLabs anerkennen müssen. Das Thema wird uns später nochmal beschäftigen.

 

Makerspace

Ähnlich orientiert und ausgestattet sind die Makerspaces, die allerdings keine Akkreditierung von der FabLabs Foundation brauchen und von denen es global weit über 1000 Stück gibt. Darüber hinaus gibt es Magazine, wie das „Make“ das seit 2005 zur Verbreitung des Begriffs Makers beigetragen hat und Messen, sogenannte Makerfairs, die z.T. über 100.000 Besucher anziehen. Schätzungen gehen bei den Makers inzwischen von einem globalen Markt von knapp 30 Mrd. Dollar aus. 2012 startete Obama ein Programm, um in 1000 Schulen einen Makerspace einzurichten und  2014 erklärte er die USA zu einer Nation of Makers und richtete die erste Makerfair im Weißen Haus aus. Der Trend geht aber weit über die USA hinaus. In Shanghai sollen in den nächsten Jahren über 100 Makerspaces entstehen.

 

Die Makers und die Personalentwicklung 4.0

An dieser Stelle wird sich der eine oder andere fragen „schön und gut“ aber wir sind hier auf dem Personalmanagementkongress, was hat das mit den Makers zu tun. Sehr viel. Und das aus mehreren Gründen. Zum einen ist der Besuch sollte der Besuch eines FabLabs oder Makerspace zum Pflichtprogramm eines jeden Personalers gehören. Nirgendwo kann man so anschaulich beobachten, wie sich Digitalisierung und Produktion treffen. Ein FabLab ist die Essenz der vierten industriellen Revolution. Jeder Besucher spürt die Energie, die von diesem Ort ausgeht. Noch weiter geht General Electric, die in Chicago ihren konzerneigenen Makerspace eröffnet haben.

Zum anderen hat die Makersbewegung die Größe und das Potential unsere Wirtschaft im Allgemeinen und die Personalentwicklung im Speziellen zu verändern. Ich hatte bereits oben erwähnt, dass das Thema Lernen zu den Grundwerten der FabLabs gehört.  Und dieses Lernen ist zum Teil anders als es aktuell in vielen Firmen praktiziert wird. Makers lernen zum einen sehr kollaborativ, sowohl über den persönlichen Austausch in einem FabLab oder Makerspace als auch über Internetplattformen. Zum anderen verschwimmen beim Lernen die traditionellen Grenzen von Lehrendem und Lernenden. Man lernt zusammen, voneinander, am und vom Objekt. Es ist ein ständiges, informelles, lebenslanges Lernen.  Es ist ein „Learning by Doing“. In einem FabLab gibt es keine Experten, nur noch Lernende mit einem Wissensvorsprung.

Es gibt aber auch einen indirekten Einfluss, den ich als Maker Prinzip bezeichnen möchte. Ich hatte erwähnt, dass der ursprüngliche Anstoß für die Gründung der Fab Labs drei Prinzipien waren. Zum einen wollten die Teilnehmer des MIT Kurses etwas selber herstellen, das aber dennoch nicht nach Hobbykeller sondern professionell aussah. Und sie wollten etwas herstellen, das es nirgendwo sonst zu kaufen gab. Es sollte individuell sein und sollte auf ihren Geschmack zugeschnitten sein, also keine Standardware vom Fliessband. Diese drei bereits oben erwähnten Elemente Vielfalt, Individualisierung und Wandlung vom Konsumenten zum Prosumenten sind inzwischen zu Grundprinzipien der Industrie 4.0 geworden.

Harry Potter, Human Resources und das Internet der Dinge (Teil 2)

Gesünder durch das Internet der Dinge

Jetzt nehmen wir als nächstes an, dass Ihnen an der Gesundheit Ihrer Mitarbeiter einiges liegt, aus den verschiedensten Motiven. Sie organisieren aufwendige Gesundheitstage, bieten Sportkurse u.ä. an. Vielleicht versuchen Sie Ihre Mitarbeiter durch die kostenlose Verteilung von Fitnessarmbändern zu mehr Bewegung zu animieren. (Frage ans Publikum) An dieser Stelle sind wir noch im sicheren Bereich.

Aber Sensoren entwickeln sich weiter und können in Zukunft auch riechen, besser als jeder Hund. Und so wie ein Hund heute schon riechen kann ob ein Diabetiker unterzuckert ist, so wird dies in Zukunft die Kleidung machen. Oder wer hätte nicht gerne einen Kühlschrank in der Firma der Ihnen meldet ob Nahrung nicht mehr genießbar ist und vielleicht sogar wer die verschimmelten Brote vergessen hat. Und wie sieht es aus, wenn einige Arbeiten in Ihrer Firma nicht sicher sind. Sollte man nicht über intelligente Dienstkleidung kontrollieren können wie es dem Koch in der Kantine geht? Oder einem Außendienstmitarbeiter der gerade im Wagen unterwegs ist? Einem Busfahrer, der dutzende Kinder transportiert? Einem Piloten?

Selbst wenn Sie diese Kontrollen nicht vornehmen wollen? Was würde passieren wenn Ihnen eine Versicherung einen günstigeren Tarif anbietet? Wenn die Brandschutzversicherung sich halbiert sofern die Feuermelder erfassen welcher Mitarbeiter sich gerade wo befindet, so dass ein Gebäude im Brandfall schneller evakuiert ist? Versicherer dürften in den kommenden Jahren zu den Haupttreibern des Internet der Dinge werden, da sie mit den dabei anfallenden Daten ihre eigenen Risiken minimieren und damit die Tarife optimieren können.

Bisher gibt es keine Hochrechnungen zum Einsparpotential in diesem Bereich aber als Personaler dürften Sie sich bereits jetzt schon darauf vorbereiten, dass bei Verhandlungen zum Thema Erfassung personalrelevanter Daten in Zukunft nicht nur HR, IT, Recht und der BR sondern auch die Finanzabteilung mit am Tisch sitzen werden. Aber auch ohne den Einfluss der Versicherungen dürfte der Druck der Finanzabteilung steigen. Denn the Edge verbraucht 70% weniger Elektrizität und 30% weniger Energie im Allgemeinen. Die Raumbelegung konnte um 20% verbessert und die Reinigungskosten gleichzeitig um 10% gesenkt werden, da das System auch erfasst, ob in einem Meeting Raum 2 oder 20 Leute sitzen und ob diese nur einen Kaffee oder ein ganzes Buffet zu sich nehmen.

Warum HR sich mit dem Internet der Dinge befassen sollte

An dieser Stelle sind wir an einem Punkt angelangt, den sich auch J.K. Rowling nicht mehr vorstellen konnte und Human Resources muss sich die Frage stellen wie weit die Datenerfassung gehen kann und soll. Dabei geht es nicht nur darum, ob die Erfassung all dieser Daten sinnvoll ist sondern auch darum, was sie aussagen und ob es Kapazitäten gibt um dies auszuwerten. HR muss sich auch fragen, ob die Daten dazu führen ein Unternehmen besser führen zu können oder nur die Illusion einer Kontrolle geben und ob nicht das Gegenteil der Fall ist, Mitarbeiter also sich kontrolliert fühlt, vom Betriebsrat ganz zu schweigen. Die Erfassung möglichst vieler Daten ist seit der Erfindung des Taylorismus ein beherrschendes Element unserer Wichtigkeit. Sogar die Zeitschrift Wired, sonst die Hauspostille des Silicon Valley, warnt vor einer „simplification through quantification“ und spottet „a fetish for numbers is the defining trait of managers“.

HR muss sich weiterhin damit auseinander setzen, inwieweit Daten erfasst werden sollen, die über das Internet auch anderen zugänglich sind. Anders formuliert: sind Sie bereit die Daten Ihrer Mitarbeiter mit anderen Firmen zu teilen? An dieser Stelle kommt Ihnen ein unerwarteter Verbündeter zu Hilfe: das Bundesdatenschutz Gesetz. Das BDSG beruht auf drei Hauptprinzipien: Einwilligung, Zweckbindung und Transparenz. Das klingt zunächst zu der absoluten Antithese zum IoT. IoT Objekte sollen Daten ja gerade unsichtbar erfassen und das in einer Menge, dass eine Personalisierung nicht nur möglich ist, sonder eher fast unmöglich zu verhindern ist.

Wir sollten das BDSG aber nicht als zusätzliche Arbeit, sondern als das unbedingt notwendige Korrektiv des IoT zu sehen. Denn mit dem IoT laufen wir Gefahr so viele Daten zu erfassen wie möglich. Und das ohne uns zu fragen, was denn sinnvoll ist. Und genau diese Frage stellt das BDSG: zu welchem Zweck erfasse ich Daten. Muss ich diese Daten erfassen. Weiß der Mitarbeiter, z.B. aufgrund seines Arbeitsvertrages, darüber Bescheid welche Daten über ihn bzw. sie erfasst werden? Sind die Daten sinnvoll und ökonomisch. Fühlen sich die Mitarbeiter nur bespitzelt oder machen wir deren Arbeit einfacher. Das Internet der Dinge ist auch ein Internet der Dinge, die wir nicht brauchen. Seien wir von Seiten HR auch so etwas wie der gesunde Menschenverstand bei der Entscheidung wie unsere Arbeitsplätze aussehen sollen.

Das Internet der Dinge ist, so habe ich hoffentlich gezeigt, also nicht nur ein Thema für Techniker, es ist auch ein Thema für HR. So wie alle Information über Menschen letztlich ein Thema für HR ist. Der Computer, daran sollten wir uns erinnern, wurde nicht erfunden um komplizierte Berechnungen zur Mondlandung durchzuführen.

Der Computer bzw. sein Vorgänger die Lochkarte wurden erfunden, weil die amerikanische Regierung zu lange gebraucht hat, um die Daten der Volkszählung von 1890 auszuwerten und damit vielleicht heute noch nicht fertig wäre, wenn ihr nicht der deutschstämmige Ingenieur Hermann Hollerith mit seiner Lochkarte geholfen hätte. Der dann seine Erfindung auswertete um die Vorläuferfirma von IBM zu gründen. Die Technik ist ein Ermöglicher aber Daten sind der Ursprung und Treiber der Digitalisierung und wir sollten uns in HR überlegen, ob wir es uns leisten können hier nur Zuschauer zu sein.

Ich möchte aber meinen Vortrag wieder mit dem beenden, mit dem ich angefangen habe, mit Harry Potter. Die Marauders Map hätte sehr viel Schaden anrichten können. Tat sie aber nicht, da sie immer von Personen genutzt wurde, die dies mit Verantwortung taten. Und damit sie nicht an die falschen geriet, wurde die Karte immer mit den Worten geschlossen mit denen ich auch diesen Vortrag schliessen möchte: Mischief managed. Vielen Dank.

(Vortrag beim Regional Treffen des Bundesverband Personalmanager, BPM, im Februar 2017)