Das Maker Prinzip und die Zukunft der Personalentwicklung (Teil 1)

Das Prinzip

Um die wichtigsten Grundprinzipien der Industrie 4.0 zu verstehen, muss man heute nicht mehr in eine Fabrik fahren, es reicht der Weg zum Frühstückstisch. Bei MyMuesli können Verbraucher seit 2007 aus insgesamt 80 verschiedenen Zutaten ihr persönliches Lieblingsmüsli in 566 Billiarden Variationen am Computer zusammenstellen und an die eigene Anschrift zuschicken lassen. Eine scheinbar einfache Idee mit großem Erfolg. Die Facebookseite von MyMuesli hat 150.000 Follower. (d.h. jeder Mensch könnte jeden Tag über 22.000 Jahre ein anderes Müsli essen)

Wie in einem Mikrokosmos spiegeln sich hier drei der wichtigsten Prinzipien der vierten industriellen Revolution: Vielfalt, Individualisierung und die Wandlungen vom Konsumenten zum Prosumenten, d.h. einem Konsumenten an der Erstellung des gewünschten Produktes mitwirkt. MyMuesli ist längst kein Einzelfall mehr und auch kein Nischenprodukt. Der Erfolg von Fotobüchern, bedruckten T-Shirts und andere Objekte, die am Computer individuell zusammengestellt werden, beruht auf dem gleichen Prinzip.

Die Makers

Noch  deutlich weiter gehen die Makers, die man als eine Graswurzelbewegung der vierten industriellen Revolution bezeichnen kann, d.h. Bastler, die das Prinzip des Selbermachens, des Do It Yourself mit Hilfe des Internet und von 3D Druckern noch viel weiter treiben. Als Ursprung der Maker Bewegung gilt heute meist ein Seminar, dass Neil Gershenfeld 1998 unter dem Titel „How to Make (Almost) Anything, based on the Use of professional production machines“ am amerikanischen MIT anbot. Eigentlich war der Kurs nur für zehn Studenten gedacht, war aber dann völlig überfüllt mit Künstlern und Architekten. Gershenfeld war von der Nachfrage völlig überrascht, merkte aber, dass er auf ein weit verbreitetes Bedürfnis gestoßen war, Dinge selber zu produzieren und dies individuell. Dinge, die es nirgendwo zu kaufen gab und schon gar nicht in den großen Supermärkten.

Ermutigt von dem Erfolg gründete Gershenfeld 2002 am MIT das erste FabLab, Kurzform für Fabrication Lab. Noch im selben Jahr entstanden nicht nur in den USA sondern auch in den anderen Ländern wie Indien ebenso wie in Europa die ersten Ableger. 2004 gab es bereits das erste Fab Lab in Afrika. Seit der Gründung hat sich die Zahl der FabLabs fast jedes Jahr verdoppelt.  Heute gibt es etwa 600 anerkannte FabLabs, die meisten davon übrigens nicht in den USA, sondern in Europa.

Fab Labs

Kernstück jedes FabLabs sind immer die 3D Drucker. Makers und 3D Drucker sind ohne einander nicht denkbar. Bezeichnenderweise heisst der meistverkaufte Drucker entsprechend MakerBot und wird von der gleichen Firma betrieben, die auch für die Seite Thingiverse zuständig ist, wo man sich kostenlos Modelle für den 3D Drucker runterladen kann  In der Regel kommen zur Ausstattung des FabLab noch Laser Cutter, CNC Fräsen, Microcontroller und CAD Software dazu, alle Arten von elektronischen Bauelementen sowie zahlreiche weitere Utensilien, die man auch im Hobbykeller finden würde.

Ein FabLab unterscheidet sich darin kaum von einem normalen Experimentierraum in einer Ingenieursfakultät an einer Universität. Mit einem wichtigen Unterschied: ein FabLab steht jedem offen. Jeder Mensch kann mit seinen Fragen und Problemen aber auch für Diskussionen in ein FabLab kommen und sich dort mit dem Personal austauschen. Die Benutzung ist kostenlos, man bezahlt dort nur das verbrauchte Material. Offenheit und das gemeinsame Lernen gehören zu den Grundprinzipien aller FabLabs und sind in der Gründungsakte festgelegt, die alle FabLabs anerkennen müssen. Das Thema wird uns später nochmal beschäftigen.

 

Makerspace

Ähnlich orientiert und ausgestattet sind die Makerspaces, die allerdings keine Akkreditierung von der FabLabs Foundation brauchen und von denen es global weit über 1000 Stück gibt. Darüber hinaus gibt es Magazine, wie das „Make“ das seit 2005 zur Verbreitung des Begriffs Makers beigetragen hat und Messen, sogenannte Makerfairs, die z.T. über 100.000 Besucher anziehen. Schätzungen gehen bei den Makers inzwischen von einem globalen Markt von knapp 30 Mrd. Dollar aus. 2012 startete Obama ein Programm, um in 1000 Schulen einen Makerspace einzurichten und  2014 erklärte er die USA zu einer Nation of Makers und richtete die erste Makerfair im Weißen Haus aus. Der Trend geht aber weit über die USA hinaus. In Shanghai sollen in den nächsten Jahren über 100 Makerspaces entstehen.

 

Die Makers und die Personalentwicklung 4.0

An dieser Stelle wird sich der eine oder andere fragen „schön und gut“ aber wir sind hier auf dem Personalmanagementkongress, was hat das mit den Makers zu tun. Sehr viel. Und das aus mehreren Gründen. Zum einen ist der Besuch sollte der Besuch eines FabLabs oder Makerspace zum Pflichtprogramm eines jeden Personalers gehören. Nirgendwo kann man so anschaulich beobachten, wie sich Digitalisierung und Produktion treffen. Ein FabLab ist die Essenz der vierten industriellen Revolution. Jeder Besucher spürt die Energie, die von diesem Ort ausgeht. Noch weiter geht General Electric, die in Chicago ihren konzerneigenen Makerspace eröffnet haben.

Zum anderen hat die Makersbewegung die Größe und das Potential unsere Wirtschaft im Allgemeinen und die Personalentwicklung im Speziellen zu verändern. Ich hatte bereits oben erwähnt, dass das Thema Lernen zu den Grundwerten der FabLabs gehört.  Und dieses Lernen ist zum Teil anders als es aktuell in vielen Firmen praktiziert wird. Makers lernen zum einen sehr kollaborativ, sowohl über den persönlichen Austausch in einem FabLab oder Makerspace als auch über Internetplattformen. Zum anderen verschwimmen beim Lernen die traditionellen Grenzen von Lehrendem und Lernenden. Man lernt zusammen, voneinander, am und vom Objekt. Es ist ein ständiges, informelles, lebenslanges Lernen.  Es ist ein „Learning by Doing“. In einem FabLab gibt es keine Experten, nur noch Lernende mit einem Wissensvorsprung.

Es gibt aber auch einen indirekten Einfluss, den ich als Maker Prinzip bezeichnen möchte. Ich hatte erwähnt, dass der ursprüngliche Anstoß für die Gründung der Fab Labs drei Prinzipien waren. Zum einen wollten die Teilnehmer des MIT Kurses etwas selber herstellen, das aber dennoch nicht nach Hobbykeller sondern professionell aussah. Und sie wollten etwas herstellen, das es nirgendwo sonst zu kaufen gab. Es sollte individuell sein und sollte auf ihren Geschmack zugeschnitten sein, also keine Standardware vom Fliessband. Diese drei bereits oben erwähnten Elemente Vielfalt, Individualisierung und Wandlung vom Konsumenten zum Prosumenten sind inzwischen zu Grundprinzipien der Industrie 4.0 geworden.

Dirk Ollmann

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